Historisches: Harter Alltag im Mittelalter – auch für das Floßhandwerk

Das Mittelalter, die Epoche zwischen Altertum und Neuzeit, umfasst die Zeit vom Untergang des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert bis zum Ende des 15. Jahrhundert, als zahlreiche Erfindungen und Entdeckungen sowie die Reisen des Kolumbus das Weltbild der Menschen entscheidend verändern.

Wolfratshausen findet seine erste Erwähnung im Jahr 1003 als „wolueradeshusun“ in einer Urkunde des Königs und späteren Kaisers Heinrichs II. (*973; †1024) am Hofe zu Regensburg. Dies fällt in die Zeit des Hochmittelalters, in der mächtige deutsche Herrschergeschlechter wie die Ottonen, Salier und Staufer sowie ein erstarkendes Papsttum die Geschicke Europas bestimmen. Und so wird auch in Wolfratshausen – wie bereits berichtet – im Jahr 1116 von einem Wolfratshauser Grafen aus dem Geschlecht der Dießen-Andechser eine wehrhafte Burg errichtet. Und nach dem Tod von Graf Heinrich II. (1157), des letzten Grafen von Wolfratshausen, werden in seinem Testament „eingenommene Floßpfennige“ erwähnt.

Bereits in dem Urbar des herzoglichen Besitzstands von 1279 bis 1284 wird Wolfratshausen lateinisch als „forum“ (lateinisch für Marktplatz; meist auch Gerichtsstätte und Ort der Volksversammlung) bezeichnet. Dies bezeugt schon damals die Bedeutung und den Reichtum des Ortes, den es besonders durch die Flößerei und das Brauereigewerbe erhielt. Durch Burg und Marktrechte gehörte Wolfratshausen zu den aufstrebenden Siedlungen dieser Zeit.

Gehörten Müller und Kaufleute bereits zu den wohlhabenden Einwohnern Wolfratshausens, so waren viele Flößer – trotz ihrer Bedeutung als Warentransporteure des Mittelalters – oft keine reichen Leute. Im Gegensatz zu den doch begüterten Floßmeistern waren besonders die Behausungen der Floßknechtemeist einfache Hütten, errichtet aus Materialien, die sie unweit ihres Wohnorts fanden. Die wichtigsten Baustoffe waren von jeher Holz und Stein. Entlang von Isar und Loisach gelangten diese von Ort zu Ort hauptsächlich auf den Flüssen, denn nur auf dem Wasser lassen sich große Mengen schnell transportieren.

Die Hütten hatten in der Regel nur einen Raum, die große Feuerstelle wurde zum Kochen und Wärmen verwendet, außerdem spendete sie Licht, da die Fenster zum Schutz vor Wind und Kälte meist mit Tüchern oder Fellen verhängt waren. Dieser Raum diente den Flößerfamilien als Küche, Schlafstätte, Arbeitsraum und Kinderzimmer. Neben einem Tisch und selbstgezimmerten Bänken waren Truhen meist die einzigen Möbelstücke.

Oft tagelang waren die Flößer unterwegs, um Floß und Waren an den Bestimmungsort zu bringen und dann – natürlich auf „Schusters Rappen“ – wieder zurückzukehren. Währenddessen versorgten ihre Frauen das Haus und hatten einen oft mageren Nebenverdienst. Denn zu dieser Zeit reichten die Einnahmen nicht aus, um die Familie zu ernähren – das Handwerk wurde oft im Nebenverdienst ausgeführt. Dies vor allem, da die Flößerei ein Saisongeschäft war, das erstmit der Schneeschmelze im Frühling bis zum ersten harten Frost im Herbst möglich war. Im Winter verdingten sich die Flößer deshalb mit Hilfsarbeiten, wobei sie aber auch in Eigenarbeit ihre Wieden und ihr nötiges Handwerkszeug herstellten mussten.

Ein Spruch des Heimatdichters Zischten-Hansirgl: „A Flößerweib is arm dro: Im Winter koa Geld und im Sommer koan Mo“.

In einem Teil des Vier-Jahreszeitenhauses das gegenüber der Alten Floßlände stand (hier eine alte Ansicht, das Haus wurde abgerissen), soll auch eine Flößerfamilie gewohnt haben.

Vier-Jahreszeitenhaus

In einem Teil des Vier-Jahreszeitenhauses das gegenüber der Alten Floßlände stand (hier eine alte Ansicht, das Haus wurde abgerissen), soll auch eine Flößerfamilie gewohnt haben.

 

 

 

Dies ist ein Gastbeitrag von Sabrina Schwenger, Redakteurin & Freie Journalistin für den Flößerstraßenverein e.V.

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