Flößerei: „Traditionelles Wissen weitergeben“

„Wissen. Können. Weitergeben.“ – diesen Titel trägt das erste bundesweite Verzeichnis des immateriellen UNESCO-Kulturerbes, das heuer im März veröffentlicht wurde. Darin enthalten ist auch das traditionsreiche Handwerk der Flößerei. Im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Flößervereinigung diesen Herbst, zu der auch die Stadt Wolfratshausen und der in Wolfratshausen ansässige Verein Flößerstraße gehören, wurde gerade dieses Thema vertieft behandelt. Hans-Walter Keweloh, Vorsitzender der Deutschen Flößervereinigung, machte in seiner Ansprache deutlich, wie wichtig auch der UNESCO-Kommission die Weitergabe des Wissens rund um das Handwerk Flößerei ist. „Schon der Titel des Verzeichnis sagt uns das: es geht um historisches Wissen und eben –das ist besonders wichtig – um ein echtes Weitergeben von Fertigkeiten.“ Nicht in allen Mitgliedsvereinen der Deutschen Flößervereinigung ist dies so wie in Wolfratshausen so einfach möglich. Denn an Isar und Loisach werden in der Saison von drei Flößerbetrieben fast täglich mehrere Flöße zusammengesetzt – und das auf eine seit Generationen überlieferte Art und Weise.

„Wir wurden in das erste Verzeichnis aufgenommen, was uns sehr stolz macht. Immerhin wurden über 120 Bewerbungen eingereicht, aus denen dann 27 ausgewählt worden sind“, berichtete Keweloh. Doch dürfe man sich auf diesen „Lorbeeren“ nun nicht ausruhen. „Für uns ist das nur ein Zwischenziel. Wir müssen uns überlegen, wie wir das Kernziel des UNESCO-Übereinkommens, die Erhaltung lebendigen Kulturerbes mit der Weitergabe von Wissen und Können für die Flößerei umsetzen können“, betonte er. Wie auch sein Stellvertreter Martin Spreng, Flößerzunft Oberes Nagoldtal, sieht er eine wichtige Aufgabe in der Kinder- und Jugendarbeit: „Wer früh anfängt, Kinder für das Thema zu begeistern, kann auch hoffen, sie in späteren Jahren für dieses vielseitige Handwerk zu begeistern.“ Auch wenn die Flößerei in den meisten Orten nur noch in der Freizeit als Hobby gelebt werden kann – derzeit nur in Wolfratshausen ist es noch ein echter Beruf.

„Eine herausragende Rolle in unserer Bewerbung für die Aufnahme in das Verzeichnis spielten die Aktivitäten der gemeinnützigen Floß- und Flößervereine und ihrer Mitglieder“, so Keweloh. Die UNESCO-Kommission war von den vielfältigen Aktionen der Mitgliedsvereine überzeugt. Und in seinem Gutachten, gefordert zum Aufnahmeantrag der Flößerei, schrieb Prof. Dr. Hansjörg Küster, Niedersächsischer Heimatbund e.V.: „Die Techniken der Flößerei sind heute akut vom Vergessenwerden bedroht, weil aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr geflößt wird (Außer z.B. in Wolfratshausen, hier allerdings nicht mehr zum Warentransport sondern ausschließlich als vergnüglicher Floßfahrt mit Musik und Brotzeit. Die Red.); aber Erinnerungen daran waren bis vor wenigen Jahrzehnten in der Bevölkerung präsent. Sie müssen wach gehalten werden; im Schwarzwald z.B. ist heute noch die Bezeichnung „Holländertanne“ für besonders hohe Tannen gebräuchlich, die nach ihren Ausmaßen für ein Flößen in die Niederlande geeignet gewesen waren. Auch das Wort „Holterdipolter“ könnte im Zusammenhang mit Flößerei und Trift entstanden sein: Wenn ein Holzknecht einen zur Wasserrückhaltung genutzten Teich öffnete, schrie er in einer Kette stehenden Holzknechten ‚Holz von dem Polter‘ (Polter = Holzlagerplatz) zu. (…) Es gibt zahlreiche Überbleibsel von Flößerei und Trift, die nicht als solche bekannt sind und akut von Zerstörung bedroht sind. (…)“

UNESCO Kulturerbe

Das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes ist eine Bestandsaufnahme, welche lebendigen Traditionen in Deutschland praktiziert werden. Für eine Aufnahme in das Verzeichnis müssen kulturelle Ausdrucksformen die Kriterien erfüllen, die das UNESCO-Übereinkommen von 2003 festlegt. Dazu gehören eine nachweisbare Lebendigkeit und eine identitätsstiftende Komponente für die Trägergemeinschaft. Die Weitergabe von Wissen und Können, eine kreative Weiterentwicklung, freier Zugang zu der Tradition sowie eine Einbindung der gesamten Gemeinschaft sind weitere wichtige Kriterien. Im bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes befinden sich derzeit 27 Einträge. In den kommenden Jahren wird das Verzeichnis kontinuierlich erweitert.

Mitgliederversammlung der Deutschen Flößervereinigung

Als Abordnungen der Stadt Wolfratshausen waren Gabriele Rüth, Vorsitzende des Vereins Flößerstraße und Schriftführerin Sabrina Schwenger zur Mitgliederversammlung nach Koblenz gekommen. Sie überbrachten herzliche Grüße (und ein Geschenk in Form eines originellen Lebkuchenherzerls) der Stadt Wolfratshausen.

Rüth bestätigte noch einmal die Einladung der Stadt Wolfratshausen für den 30. Flößertag 2017. „Wir stecken schon kräftig in den Vorbereitungen“, berichtete sie in ihrer Rede auf der Mitgliederversammlung im Koblenzer Kongresszentrum. Und immer wieder wurde sie angesprochen, wie sehr sich alle darauf freuen.

Offiziell begrüßt wurde die Versammlung durch den Oberbürgerbürgermeister der Stadt, Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig. „Mit Ihrer Veranstaltung haben sie ein zentrales Thema meiner Herzenswärme angesprochen“, betonte er. Er stellte seine Stadt und die zahlreichen Sehenswürdigkeiten und Attraktionen vor, von denen die Mitglieder im Rahmen des Veranstaltungsprogramms auch einige in besichtigten, so die Festung Ehrenbreitstein, und eine Schifffahrt auf dem Rhein unternahmen. Und er berichtete, dass die Stadt Teil der UNESCO-Welterbestätte Oberes Mittelrheintal ist und wie die Stadt damit umgeht.

Bei den Neuwahlen wurde Hans-Walter Keweloh ohne Gegenstimme wiedergewählt, wie auch sein Vize Martin Spreng und die übrige Vorstandschaft.

 

Sabrina Schwenger
Redakteurin, Freie Journalistin, Wolfratshausen

 

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