Sauber derbleckt wurde beim Starkbierfest

Die fünfte Jahreszeit wird in Wolfratshausen mit dem Starkbierfest in der Loisachhalle eingeläutet. Zum dritten Mal eröffnete der Erste Bürgermeister Klaus Heilinglechner das Starkbierfest mit dem O`zapfen auf der Bühne. Genau drei Schläge brauchte Heilinglechner, dann floss das Starkbier der Traunsteiner Brauerei mit über acht Prozent Alkohol aus dem Zapfhahn. Ebenfalls anwesend waren Landrat Josef Niedermaier und der CSU-Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber. Traditionell tritt die Loisachtaler Bauernbühne beim Starkbierfest mit einem Singspiel auf, in dem die Wolfratshauser Politiker derbleckt werden.

In diesem Jahr kam allerdings der „Brandner Kasper und das ewig’ Leben“ dem Singspiel und seinem aufwändigen Bühnenbild ins Gehege. Aufgrund der zeitintensiven Proben für das Stück, das während des Fluss Festivals aufgeführt wird, sah sich das Ensemble um Wiggerl Gollwitzer aus Zeitgründen nicht in der Lage, das probenintensives Singspiel einzuüben.

Pfiffiger Ersatz für das Singspiel gefunden

So kam frühzeitig die Absage des Singspiels an Marion Klement von der Stabsstelle für Kultur- und Veranstaltungsmanagement und wenn in Geretsried Bruder Barnabas auftritt, holt sich Wolfratshausen die himmlische Eingebung vom Engel Aloisius. Er macht auf seinem Weg von Wolke 7 nach München nur allzu gerne einen Abstecher nach Wolfratshausen. Wiggerl Gollwitzer hielt eine satirische Standpauke über die Lokalpolitik Wolfratshausens, die durchaus die heuer zahme Rede der Kabarettistin Luise Kinseher beim Starkbieranstich am Nockherberg in München übertrumpfte.

Inspiriert vom „Der Münchner im Himmel“

1911 veröffentlichte Ludwig Thoma die Geschichte des typischen Münchner Grantlers und zählt neben den Lausbubengeschichten zu den bekanntesten Werken des Autors. Es geht um den Dienstmann Alois Hingerl, der einen Auftrag in solch einer Hast erledigt, dass ihn der Schlag trifft. Im Himmel aufgewacht, bekommt er von Petrus den Namen „Engel Aloisius“, eine Wolke und Harfe zum Frohlocken zugeteilt. Das passt nun gar nicht in die Vorstellung des ehemaligen Dienstmannes, der nach München und dem Bier Sehnsucht hat und sich im Himmel gar nicht angemessen benimmt. Schließlich wird der Querulant mit den göttlichen Eingebungen auf die Erde geschickt.

Die Inszenierung des Engel Aloisius in der Loisachhalle

Zu Beginn der Aufführung wurde auf der übergroßen Leinwand der Zeichentrickfilm des Bayerischen Fernsehens aus dem Jahre 1962 aufgeführt. Genau in dem Moment, als im Zeichentrickfilm Alois Hingerl zur Erde hinab steigt, schwebte Wiggerl Gollwitzer von oben auf die Bühne. Der gelungene Überraschungseffekt wurde perfekt in Szene gesetzt.

Kam als Engel Aloisius auf die Bühne geschwebt: Wiggerl Gollwitzer

Die Höhepunkte des Derbleckens

Nach der etwas unsanften Landung bemerkt Engel Aloisius, dass er nicht in der Landeshauptstadt, sondern in Wolfratshausen, bei den „Wuiden mit den drastischen Methoden“ angekommen ist. Sofort sucht er im Publikum nach dem Ersten Bürgermeister Klaus Heilinglechner, der bei „Wolfratshausen Narrisch“ selbst als Engel Aloisius auf der Bühne stand.

Damit seien die Gemeinsamkeiten schon vorbei, so Engel Aloisius alias Wiggerl Gollwitzer. Denn gar nicht verzeihen konnte der Engel den fehlenden Weihnachtsbaum, auch der Adventskranz an der Mariensäule beruhigte ihn kaum. Bürgermeister Klaus Heilinglechner und Martin Melf als Verantwortlicher der Stadtverwaltung bekamen gleich den ersten göttlichen Ratschlag: „Ein Weihnachten ohne Christbaum – des is wie a S-Bahn, die in Wolfratshausen steh’ bleibt.“

Auch die geplante Surfwelle an der Loisach in Weidach begeisterte den Überbringer der göttlichen Ratschläge ebenso wenig wie die Umwandlung des Isar-Kaufhauses in einen der gesichtslosen Kettenläden. Immer wieder griff Wiggerl Gollwitzer die Parkplatzsituation in Wolfratshausen auf. Eine göttliche Eingebung zur Lösung hatte Engel Aloisius allerdings auch nicht dabei.

Alle im Stadtrat vertreten politischen Parteien bekamen ihre göttlichen Ratschläge: In Sachen Einsparungen im Kulturbereich riet Engel Aloisius der SPD sich an Geretsried zu orientieren. Die Nachbarstadt bekam ihre Portion Satire ab und der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller nahm es mit Humor. Das Miteinander und manchmal der Wettlauf der beiden Gemeinden wurden mehrmals pointiert parodiert. Die Bürgervereinigung wurde ermahnt, ihren Bürgermeister pfleglich zu behandeln und zu unterstützen. Beim Ortsverein der CSU wurde die spärlich gepflegte Homepage durch den Kakao gezogen. Bei den Grünen stellte Engel Aloisius die Frage, ob Petra Kelly mit um die Ulme getanzt wäre, verneinte sie aber sofort.

Bei den Zuschauern kamen die verschieden Themen großartig an und viele Ansatzpunkte des Engels Aloisius wurden mit frenetischem Beifall bedacht. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt und Wiggerl Gollwitzers Vortrag war witzig und frech, pointiert und treffsicher zugleich. Er nahm die Politiker so abgeschickt auf´s Korn, dass niemand beleidigt sein konnte.

Musikalisch abgerundet von einem Engel und Bergluft

Die einzelnen Themenblöcke wurden jeweils mit einer musikalischen Einlage von Eveline Hörschelmann, begleitet von Ehemann Gerd auf seinem Keyboard, abgeschlossen.

Nach dem mehr als einstündigen Vortrag von Wiggerl Gollwitzer spielte die Band Bergluft wieder auf und die 500 Besucher in der ausverkauften Loisachhalle hielt es nicht mehr auf ihren Stühlen. Zwischen den Tischen wurde fleißig getanzt und der Abend endete nach Mitternacht.

Vielleicht wartet die Bayerische Staatsregierung bis heute noch auf die göttlichen Eingebungen, weil Engel Aloisius einfach zu lange in unserem schönen Wolfratshausen blieb.

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