Interview mit Andreas Roß, Wirtschaftsförderer des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen

Herr Roß, was sind denn genau die Aufgaben eines Wirtschaftsförderers?

Als Wirtschaftsförderer des Landkreises bin ich natürlich nicht für eine der Kommunen speziell, sondern für alle Städte und Gemeinden im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zuständig.

Einer der Aufgabenschwerpunkte ist der Bereich Existenzgründung. Wir haben zusammen mit unseren Partnern, der Handwerkskammer, der IHK und den Aktivsenioren, ein Beratungsnetzwerk für Existenzgründer aufgebaut, das von der Landkreis-Wirtschaftsförderung koordiniert wird. Unsere Partner bieten regelmäßige Existenzgründer-Sprechtage im Landratsamt an, bei denen sich Gründer in Einzelberatungen informieren können. Zusätzlich schicken wir Interessierten auch schon vorab Informationen zu, damit sie sich auf das Beratungsgespräch mit den entsprechenden Organisationen vorbereiten können. Die Terminplanung und Vergabe wird von der Landkreis Wirtschaftsförderung organisiert.

Abwechselnd mit dem Landkreis Miesbach veranstalten wir alle zwei Jahre einen Gründertag, an dem es ein gebündeltes Informationsangebot für Existenzgründer gibt. Ferner hatten wir in diesem Jahr auch eine Veranstaltung für die Kultur- und Kreativwirtschaft in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Kultur- & Kreativwirtschaft des Bundes speziell für Unternehmer und Gründer aus diesem Bereich angeboten.

Weitere Aufgabenbereiche sind Standortmarketing und Ansiedlungsförderung. Zum einen geht es um die Betreuung von Neuansiedlungen von Unternehmen. Der Schwerpunkt liegt hier bei Betrieben, die sich innerhalb unserer Region räumlich verändern wollen oder müssen, z.B. wenn Firmen wachsen und größere Betriebsflächen benötigen. Zum anderen gehört natürlich in diesem Zusammenhang auch die Fördermittelberatung für Unternehmen zum Aufgabenbereich.

Wolfratshausen hat sehr gut ausgelastete Gewerbegebiete und steht natürlich im Bereich der Gewerbeflächen in Konkurrenz zu anderen Kommunen und Regionen. Die Stadt Wolfratshausen bietet gute Standortbedingungen für die Unternehmen und hat gute Chancen vor allem in der Weiterentwicklung der bereits ansässigen Unternehmen.

Ein wichtiger Faktor für die Region sind die Arbeits- und Ausbildungsplätze. Wolfratshausen, wie auch alle anderen Kommunen im Landkreis, soll keine Schlafstadt sein oder werden, aus der die Menschen in die nahegelegene Metropole München auspendeln. Deshalb ist es wichtig, dass es ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot vor Ort gibt. Wenn also Handel und Gastronomie, Handwerk und Industrie sich positiv entwickeln und die Menschen vor Ort sind, ist das für alle von Vorteil.

 

Welche Besonderheiten gibt es an Wolfratshausen aus wirtschaftlicher Sicht?

Auf jeden Fall ist Wolfratshausen, zusammen mit Eurasburg, Standort des größten Unternehmens im Landkreis. Neben der Firma EagleBurgmann gibt es in Wolfratshausen und der Region natürlich viele weitere gute Unternehmen, die auch überregional bzw. international tätig sind.

Sowohl im Landkreis, als auch in der Stadt Wolfratshausen gibt es keine Abhängigkeit von wenigen Großbetrieben. Wir haben viele funktionierende, meist inhabergeführte, mittelständische Unternehmen aus allen Branchen. Diese Wirtschaftsstruktur, die sich positiv von den anderen, eher monostrukturierten Regionen abhebt, sorgt für einen stabilen Arbeitsmarkt, da bei Krisen in einzelnen Unternehmen oder Branchen nicht, wie es an anderen Standorten öfter vorkommt, auf einmal Tausende Stellen wegfallen.

 

Wie sieht die Lehrstellensituation im Bereich Wolfratshausen aus?

Lehrstellen und Fachkräfte sind auch eines der wichtigsten Themen der Wirtschaftsförderung. Es gibt hierzu schon viele interessante Angebote. Die UWW hat zum Beispiel auf ihrer Homepage eine tolle Praktikums- und Lehrstellenbörse etabliert, mit der das regionale Angebot transparent gemacht wird und so den Jugendlichen bei ihrer Arbeitssuche hilft:
http://www.uww.info/ausbildungsangebot.php .

Wir bieten als Service auf der Internetseite des Landkreises www.lra-toelz.de unter der Rubrik Wirtschaft/ Aktuelles eine Übersicht der Ausbildungstage bzw. –messen der Schulen an und schaffen hier mehr Transparenz für die Betriebe, die sich für die Schüler präsentieren möchten. Auch die Agentur für Arbeit macht in diesem Bereich sehr viel und unterstützt alle Interessierten.

Am beliebtesten sind bei den Schulabsolventen die kaufmännischen Berufe im Einzelhandel und Bürobereich, aber auch der Elektro- und Metallbereich ist gut nachgefragt. Problematisch ist es eher bei den Ernährungsberufen wie Bäcker oder Metzger, bei denen vielleicht auch die Arbeitszeiten eine Rolle spielen. Doch auch in dieser Sparte gibt es erfolgreiche Betriebe, die immer guten Nachwuchs haben. Entscheidend ist einfach, selbst auszubilden und sich somit die entsprechenden Fachkräfte heranzuziehen.

Die Bewerbungsfrist ist inzwischen bei den meisten Betrieben schon abgeschlossen, trotzdem gibt es immer noch Möglichkeiten, eine Stelle zu bekommen. Da sich auch viele Jugendliche bei mehreren Unternehmen bewerben und dann nur einen Platz in Anspruch nehmen können, werden so wieder Ausbildungsplätze frei. Wichtig ist, dass man immer am Ball bleibt und sich vielleicht auch bei Betrieben informiert, die man bisher noch nicht im Fokus hatte. Die Unternehmen sind sehr daran interessiert, potenzielle Lehrlinge auf sich aufmerksam zu machen und nutzten z.B. auch das Lernfest in Benediktbeuern, um sich zu präsentieren.

Ich finde sehr wichtig, dass die jungen Menschen möglichst viele Praktika machen, um sich die Berufe wirklich anzuschauen, damit sie auch den richtigen Beruf finden. Nur wenn man selbst mal mitgearbeitet hat und sich mit den aktuellen Azubis austauschen kann, kann man sich auch ein umfassenderes Bild vom Arbeitsalltag machen.

 

Andreas Roß wohnt in Erding und ist seit 1997 als Wirtschaftsförderer in der Region Bad Tölz-Wolfratshausen tätig. Als Vorstand des Wirtschaftsforums Oberland (Geretsried, Wolfratshausen, Tölz und seit neuestem Penzberg sind hier Mitglied) hat er auch entsprechende Kontakte und zusätzliche Verbindungen zu Wolfratshausen und den Unternehmen in der Region. In enger Zusammenarbeit mit der UWW bündeln die Wirtschaftsverbände ihre Ressourcen und organisieren auch gemeinsame Veranstaltungen.

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