„Das Leben hängt an einer Wiede“ – Winterarbeit der Flößer

Die Arbeit des Flößers wird gerne romantisiert: Arbeit unter freiem Himmel, der enge Kontakt mit der Natur, kräftige Männer üben ein uraltes Handwerk aus. Doch dahinter steckt harte Arbeit verbunden mit großer Verantwortung für die mit ihnen reisenden Passagiere. Damit in der kommenden Saison alles gut läuft, sie geht von Mai bis September, haben auch die Wolfratshauser Flößer in Herbst und Winter einiges zu tun.

Die Arbeit auf dem Wasser ist gefährlich, die Isar ist auch nach Wolfratshausen noch ein Wildfluss, der jährlich seinen Lauf ändert. Stämme ragen ins Wasser, es gibt Untiefen und nicht zuletzt drohen der Georgenstein oder Brückenpfeiler als gefährliche Hindernisse.

Die beiden Wolfratshauser Floßunternehmer Franz und Josef Seitner, wie auch der Arzbacher Michael Angermeier, sind Nachkommen alter Flößerfamilien. Sie achten auf bewährte Traditionen und bauen die Isar-Loisach Flöße so zusammen, wie es seit Generationen weitergegeben wurde. Und so fertigen die Flößer nach Möglichkeit ihr Werkzeug hierfür am liebsten selbst in Handarbeit. „Da weiß man, was man hat“, erklären sie. Nicht umsonst gibt es den alten Spruch: „Das leben hängt an einer Wiede“.

Nicht nur die Flöße selbst, sondern auch die meisten Gerätschaften, die die Flößer nutzten, waren über Jahrhunderte reine Holzkonstruktionen aus Stangen, Keilen sowie Holzseilen, den so genannten „Wieden“. Gerade für letztere machen sich die Flößer auch heute noch am Ende der Saison auf in die Isarauen, um biegsame Weidenruten zu schneiden. Die Wieden werden zu Ringen zusammengedreht. Die Flößer wissen aus Erfahrung: Das Naturmaterial eignet sich für diesen Einsatz besser als Kunststofffasern. Die Wiede wird nämlich als Schlaufenring über die Rudersäule gelegt – dort soll sie das Ruder locker festhalten. Sie muss also die starken Kräfte aushalten, die auf die Ruderstange und –Säule wirken und dabei dem Wasser von unten und gelegentlich auch von oben standhalten. Dann sollte es auch noch schnell ein- und auszuhängen sein, wenn das Floß in die Floßrutsche einfährt.

Die Wiede ist nur eines der Arbeitsmittel, die die Flößer selbst herstellen. Auch die Floßstämme schlagen und bearbeiten sie selbst. Doch mehr dazu demnächst hier auf dieser Seite.

Das Wort wiede hat sich aus dem althochdeutschen witta, das Binde oder Band bedeutet, über das mittelniederdeutsche wide für gedrehten Strick und Band entwickelt. Vom selben Stamm leitet sich auch die Bezeichnung für den Baum Weide ab. Grundlage ist die indoeuropäische Wurzel Wurzel *uieH-, die im Sinne von drehen bzw. biegen verwendet wurde, welches auf biegsame Zweige oder Flechtwerk übertragen wurde. (Quelle: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, dtv, München, 3. Auflage 1997, S. 1548. ISBN 3-423-32511-9)

Gastbeitrag von Sabrina Schwenger, Journalistin, Wolfratshausen

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