Treffpunkt Kräuter-Kraft-Kreis

Kräuterpädagoginnen Beate Lutz und Sybille Vogel bieten Führungen, Workshops und jede Menge Informationen zum Thema „Kräuter“ in und um die Flößerstadt. Hier erzählen sie von ihrem Herzensprojekt. 


Vogelgezwitscher, Blättergeraschel, ein Hauch von Bärlauch in der Luft: Jeder, der im Frühling am Bergwald unterwegs ist, erlebt ein wunderschönes Naturschauspiel. Und die Wälder und Wiesen rund um Isar und Loisach haben noch mehr zu biete als schöne Spazierwege und frische Luft – sie halten auch ein ganzes Arsenal an nützlichen, schmackhaften und mächtigen Küchenhelfern und Naturheilmitteln bereit. Nicht umsonst gehören sie zur „Kräuter-Erlebnisregion Bad Tölz-Wolfratshausen“. Viele ihrer Bewohner jedoch wissen gar nichts von den Schätzen zu ihren Füßen. „Früher nutzte der Mensch durchschnittlich 300 heimische Pflanzen in seiner Ernährung – heute sind es gerade einmal 30“, sagt Sybille Vogel. Sie ist eine der Kräuterpädagoginnen, ein landkreisweiter Zusammenschluss von 40 fachkundigen Kräuterliebhabern mit dem Ziel, den Bewohnern dieser ergiebigen Gegend das Thema Kräuter wieder näher zu bringen. Auch Beate Lutz gehört dazu. Sie bieten dafür in Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei Wolfratshausen jeden Monat Kräuterwanderungen, Koch-, Kosmetik- und Dekorations-Workshops an.

Rund 90 Minuten waren wir mit den Kräuterpädagoginnen Beate Lutz und Sybille Vogel am Bergwald und an der Loisach unterwegs. Mitgebracht haben wir neben Knoblauchrauke, Taubnessel (die gelbe Pflanze im Bild), Giersch, Spitzwegerich Gundermann & Co. auch jede Menge neues Wissen über die Herkunft und die Nutzung der Pflanzen. (c) Stadt Wolfratshausen

Wir haben Beate Lutz und Sybille Vogel auf einer Kräuterwanderung begleitet und sie ein bisschen zu ihrem interessanten Fachgebiet befragt:

Liebe Frau Lutz, liebe Frau Vogel: Was erwartet einen eigentlich bei einer Kräuterführung?

Bei einer Kräuterführung nehmen wir unsere heimischen Wildpflanzen, sowie das Wildobst genauer unter die Lupe. Wir geben Einblicke zur Verwendung in der Küche, als Hausmittel oder in der Pflanzen-Heilkunde. Außerdem weisen wir auf eindeutige Erkennungsmerkmale der einzelnen Pflanzen hin, denn um Wildkräuter sicher zu sammeln, muss man die Pflanzen genau erkennen. Nur so lassen sich Verwechslungen mit ähnlich aussehenden, unter Umständen giftigen Pflanzen auszuschließen.

Nützliche Taubnessel oder giftiges Schöllkraut? Dieser Unterschied kann Leben retten, und auch dafür sind die Kräuterwanderungen da. Bei dieser Pflanze handelt es sich um Letzteres. Das Schöllkraut, erkennbar am leutend gelb-orangen Saft der an der Bruchstelle austritt, ist ätzend und hilft gegen Warzen. Die harmlose Taubnessel dagegen (zu sehen im Bild oben) ergibt einen Tee der zum Beispiel periodenbedingte Bauchkrämpfe lindert. „Im Handel kosten 100 Gramm der Blüten 20 bis 25 Euro“, erzählt Sybille Vogel. (c) Stadt Wolfratshausen 

Wohin geht es bei einer solchen Führung? Wo in der Region wachsen Heilkräuter?

Treffpunkt für unsere Wanderungen ist der Kräuter-Kraft-Kreis im Garten der städtischen Bücherei am Hammerschmiedweg 3 in Wolfratshausen. Meistens gehen wir an der Loisach entlang oder Richtung Bergwald bis hoch zum Golfplatz und wieder zurück. Doch sogar auf den Wiesen im Büchereigarten findet man bei genauem Hinsehen unzählige Wildpflanzen auf nur einem Quadratmeter. Zum Vorstellen von Heilpflanzen eignet sich der Kräuter-Kraft-Kreis am besten. Dort findet man Pflanzen wie den Sonnenhut, den Frauenmantel oder das Mädesüß.

Welche Orte eignen sich besonders zum Sammeln von Kräutern?

Generell eignen sich zum Sammeln von Wildkräutern Plätze die abseits von Hundewegen, stark befahrenen Straßen oder gedüngten Flächen liegen. Beachtet werden muss allerdings, dass in Naturschutzgebieten, in denen es ohne Zweifel eine große Artenvielfalt gibt, das Sammeln untersagt ist. Optimal ist daher natürlich der eigene Garten. Hat man keinen eigenen Garten, gibt es vielleicht Nachbarn oder Verwandte, bei denen man sich bedienen darf.

Was kann man aus den gesammelten Kräutern alles herstellen?

Mit den gesammelten Wildkräutern lassen sich unzählige Gerichte bereichern. Angefangen mit Löwenzahnblättern, feinen Gänseblümchen oder ausgezupften Kleeblüten in Salat oder Smoothie bis hin zur Kräutersuppe aus frischem Sauerampfer, Giersch oder Brennnessel. Zudem lässt sich beispielsweise Pfannkuchenteig oder Spätzleteig mit frisch gewiegten Kräutern verfeinern. Der Kreativität sind beim Kräuterquark oder der Kräuterbutter ebenfalls keine Grenzen gesetzt. Probieren Sie doch mal Pizza mit einem Belag aus frisch blanchierten Brennnesseln oder Giersch!
Selbst Desserts lassen sich mit Wildfrüchten, wie Schlehen, Kornelkirschen oder frisch gesammelten Walderdbeeren toppen.
Bei uns Kräuterpädagoginnen gehört selbstverständlich auch selbst angesetzte Spitzwegerich-Tinktur oder ein Balsam aus Ringelblumen in die Hausapotheke.

Zum Abschluss zeigten die Kräuterpädagoginnen auch, wie man aus dem gesammelten Grün eine Schüttelbutter macht. Dazu gibt man einen Becher Sahne, die gewaschenen und gehackten Kräuter (gut eignen sich etwa Giersch, Majoran, Knoblauchrauke und Maggikraut) zusammen mit einem Teelöffel Kräutersalz in ein großes Schraubglas. Dann heißt es Schütteln, und zwar am besten nur in eine Richtung. Mit etwas Geduld verändert sich bald die Konsistenz des Gemischs und bildet einen Klumpen – die Schüttelbutter! Nun braucht es nur noch Brot, Steak oder Kartoffeln. Bei uns gab es dazu einen selbstgemachten Kurtee aus Brennnessel, Löwenzahn und Birkenblättern, der die Entschlackung fördert. (c) Stadt Wolfratshausen

Wie lange gibt es die „Kräuter-Tradition“ im Isartal schon?

„Angezettelt“ wurde im Jahr 2002 die Ausbildung zum „Kräuterpädagogen/Kräuterpädagogin“ von Frau Hildegard Olbrich, der damaligen Leiterin der Landwirtschaftsschule in Wolfratshausen. Sie stellte den Kontakt zu Brigitte Klemme, „der Mutter der Kräuterpädagogik“, und Dr. Dirk Holtermann her. Der Fortbildungs-Lehrgang war zunächst den Bäuerinnen vorbehalten und sollte zum Aufbau eines zweiten Standbeines dienen. Im Jahr 2004 ging dann der 1. „Löwenzahn-Frühling“ an den Start, der im gesamten Landkreis seine Wellen schlug.

Seit wann gibt es die Kurse und wie hat das angefangen?

Nachdem im Jahr 2004 die ersten Prüfungen absolviert waren, wurden diverse Interessensgruppen gegründet. Ein Beispiel ist hier der Kräuter-Erlebnis-Laden in Benediktbeuern, der bis heute von Kräuterpädagoginnen geleitet wird und bei dem man unzählige Kräuterprodukte kaufen kann. Von da an wurden auch Kräutermärkte organisiert und die ersten Kräuter-Führungen mit Gästen begannen.

Was wäre wünschenswert, um die Kurse noch besser durchführen zu können?

Wir wünschen uns allgemein mehr Aufmerksamkeit für die Natur, denn „nur das was wir kennen schätzen wir“. Die Bienen als Bestandteil unseres Ökosystems sind derzeit in aller Munde – wir tragen dazu bei, die Natur besser wahr zu nehmen, und wünschen uns daher auch in diesem Jahr wieder viele interessierte Besucher bei unseren Veranstaltungen.

Keine Biene, aber auch schwarz-gelb und flauschig: Die Hummel ist ein ebenso wichtiger wie gefährdeter Bestäuber. Für die Taubnessel ist sie die Spezialistin: Sie knabbern einfach den Boden des Blütenkelchs an und kommen so an den süßen Saft darin. (c) Stadt Wolfratshausen

Frau Lutz, Frau Vogel, was ist Ihr persönliches Lieblingskraut? Was kann man daraus machen?

Beate Lutz: Das unscheinbare Gänseblümchen, das man gerne übersieht, was aber dennoch nahezu jedem bekannt ist. Das Kraut ist komplett essbar, die Blüte bereichert optisch jede Käseplatte oder Salate und geschlossene Knospen blühen als Dekoration auf einer Gemüsesuppe wahrlich auf. Früher galt das Gänseblümchen zudem als Allheilmittel. In der Pflanzen-Heilkunde und der Homöopathie spielt es auch heute noch eine wichtige Rolle und findet Verwendung als Hautpflanze, als Schockmittel oder als Zugabe im Hustentee.

Sybille Vogel: Meine Lieblingspflanze ist die Ringelblume. Wenn man die Mitte der Blüte (die kleinen Röhrenblüten) betrachtet, kann man ein hübsches Mandala entdecken. Alleine die orange Farbe, die an Kuten von buddhistischen Mönchen erinnert, hebt die Stimmung. Die ausgezupften Blüten kann man dekorativ über Salate streuen. Außerdem lassen sich Frischkäsebällchen in den Blüten wälzen. Im Quark oder einer Kräuter-Butter besticht die Pflanze einfach mit ihrer Farbe. Ebenfalls ist sie, wie das Gänseblümchen, eine wichtige Pflanze in der Heilkunde. Die ausgezupften Blüten kann man in Olivenöl ausziehen lassen und später zu einem Ringelblumen-Balsam weiter verarbeiten.

Beate Lutz (li.) und Sybille Vogel beim Löwenzahn pflücken am Bergwald: Dass der weiße Saft des Löwenzahn giftig ist, ist ein Ammenmärchen – vermutlich um zu vermeiden, dass die Kinder damit spielen und ihre Kleidung verdrecken. Flecken macht er nämlich fiese. Dafür ist er sehr nützlich: Blüte und Blätter sind essbar, aus den Knospen kann man so etwas wie Kapern machen und die getrockneten und gemahlenen Wurzeln sind die Grundlage für etwas, was manchen noch unter dem Namen „Muckefuck“ bekannt sein dürfte: Sie wurden beispielsweise während der Kriegsjahre als Kaffee-Ersatz verwendet. (c) Stadt Wolfratshausen

Interesse geweckt? Die Kräuterpädagoginnen freuen sich immer über Interessierte Teilnehmer an ihren Führungen und Workshops. Statten Sie Ihnen doch dieses Jahr einmal einen Besuch ab! Unter dem Link finden Sie das Kräuterpädagogen Programm 2019.

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