Unser Förster im Interview: Robert Nörr über den Wald und die Menschen (2/3)

Im ersten Teil unserer Blogreihe gibt Robert Nörr bereits so manche interessanten Einblicke in seine Arbeit als Förster. Im zweiten Teil geht es nun konkreter um die Holzwirtschaft und die katastrophalen Folgen von Waldbränden.

… Nicht zu vernachlässigen ist auch das Holz, das bei ihrer Arbeit entsteht.

Robert Nörr: Richtig, beim Waldmanagement geht es natürlich auch um diese wichtige natürliche Ressource. Jeder weiß, Öl und Gas sind endlich und ausschließlich CO2-Produzenten. Ganz anders als der nachwachsende Rohstoff Holz, der CO²-neutral ist. Indem wir das Holz vor unserer Haustür nutzen, können wir einen ganz wesentlichen Beitrag für den Umwelt- und Klimaschutz leisten. Der Baum nimmt CO² aus der Luft auf und setzt es im Holz fest. In einem Haus verbaut, wird es gespeichert und der Atmosphäre entzogen. Wenn man, statt einem sehr energieintensiv produzierten Aluminiumfenster, ein Holzfenster verbaut, kann man auch noch die CO2-Emissionen der Aluminiumherstellung einsparen. Allgemein sind Holzhäuser durch viele neue Techniken eine langlebige Alternative mit sehr guter Energiebilanz geworden. Spätestens wenn man den gesamten ökologischen Fußabdruck für Bau, Unterhalt und auch den Rückbau betrachtet, ist der Holzbau in der CO2-Bilanz absolut ungeschlagen. Und entgegen aller Befürchtungen nutzen wir noch nicht einmal ganz das Holz, das in jeder Sekunde „vor unserer Haustüre“ nachwächst.

Auch wieder sehr unerwartet. Eigentlich hört man nur von Übernutzung, Waldsterben etc. und Sie sagen jetzt wir müssen den Wald noch mehr nutzen?

Robert Nörr: Da muss man sehr genau hinsehen und unterscheiden: Es gibt weltweit dramatische Übernutzung, beispielsweise in vielen Regenwäldern am Äquator oder in nordischen Nadelwäldern Russlands und stellenweise Kanadas. Gerade aus diesen Regionen stammt ein nicht unerheblicher Anteil an Holz, das wir hier nutzen.

Im Gegensatz dazu gibt es in dem Bereich, für den ich zuständig bin, sogar noch viele Flächen, in denen es aus den zuvor genannten Gründen notwendig wäre, mehr Bäume zu fällen, um guten Gewissens Holz zu produzieren und möglichst regional zu verwenden.

Die größten Holzvorräte in Europa hat nicht Finnland, Schweden oder Norwegen, sondern Deutschland. Und das Oberland liegt hier ganz vorne. Wir sind klimatisch noch vergleichsweise verwöhnt und könnten mit unseren heimischen Baumarten wirtschaften – tun es aber, wie gesagt, teilweise noch zu wenig. Ein genereller Grund zur Sorge vor Übernutzung besteht bei uns keineswegs.

Aber auch in Bayern haben wir in einzelnen Bereichen, wie der Münchner Schotterebene oder insbesondere in Franken, mit gewaltigen Problemen zu kämpfen. Dort fällt beispielsweise auf riesiger Fläche die Fichte aus. Hier sind die Förster inzwischen gefordert, mit Baumarten den Wald zu erhalten, die mit der Trockenheit besser zurechtkommen.

Also auch wieder Folgen des Klimawandels. Da wird einem klar, wie komplex und empfindlich das Ökosystem Wald ist. Was würden Sie nun Menschen sagen, die das Ökosystem Wald betreten?

Robert Nörr: Kernbegriff ist Rücksicht. Prinzipiell ist der Wald nach der Bayerischen Verfassung für alle frei zugänglich und das ist auch gut so. Damit kann sich jeder dort erholen und den Wald genießen. Dieses große Privileg hat man nicht überall und es geht einher mit einer gewissen Verpflichtung zum schonenden Umgang. Dazu muss man wissen, dass über 90 % der Waldflächen bei uns privaten Waldbesitzern gehören. D.h. wenn man sich im Wald aufhält, befindet man sich auf fremdem Eigentum. Entsprechend respektvoll sollte man sich auch verhalten.

Es geht damit los, dass man nicht einfach Dinge wegschmeißt. Ein Zigarettenstummel verunreinigt beispielsweise 40 Liter Trinkwasser und was Plastikmüll in Wäldern an Qualen für Tiere verursachen kann, ist unglaublich.

Ein weiteres großes Thema sind die Lagerfeuer. So ein Wald ist unglaublich schnell zu Asche gemacht. Ein Funken reicht oft und wer schon mal einen Waldbrand erlebt hat, der weiß, das ist etwas Furchtbares und kann ganz schnell völlig außer Kontrolle geraten. Mit katastrophalen Folgen für Tiere, Pflanzen, den Wald als Ganzes aber auch für den Verursacher. Bei größeren Waldbränden sind wir da ganz schnell bei Millionenbeträgen, bei fahrlässigem Feuermachen hilft oft auch keine Versicherung.

Förster Robert Nörr vor einem Bereich mit Totholz. Es bietet einen wichtigen Nährboden für Kleintiere und Insekten.

Also hat man durchaus auch ein privates Interesse, das zu vermeiden. Sie meinen, dass Waldbrände auch hier immer mehr zum Thema werden. Können wir uns also darauf einstellen, dass uns Szenarien, wie in Australien auch hier bevorstehen?

Robert Nörr: Nein, das nicht. Diese riesigen Flächen sind bei uns nicht so bedroht, aus verschiedenen Gründen. Beispielsweise haben wir mehr Niederschläge und nicht so lange Dürrezeiten, weniger heiße Winde und auch andere Baumarten in unseren Wäldern. Laubbäume brennen wesentlich schwerer als Nadelbäume, was mit ein Grund für unsere Bemühung ist, Mischwälder zu schaffen und zu erhalten. Ansonsten bemühen wir uns, in besonders brandgefährdeten Bereichen nicht zu viel totes Holz auf dem Waldboden zu hinterlassen. Das wiederum ist ein Interessenkonflikt, denn auf der anderen Seite brauchen Insekten, Pilze oder Schnecken das Totholz als Lebensraum.

Außerdem sorgen wir durch das Auflichten für genug Nachwuchs und dieser brennt ebenfalls nicht so leicht wie Gras oder Totholz.

Das bedeutet, dass durch ihre Arbeit und menschliches Zutun schlimmer Brände verhindert werden. Kann man sagen, dass die Waldbrände in Australien unter anderem so verheerend sind, weil es sich dabei um komplett wilden Wald handelt?

Robert Nörr: Also prinzipiell sind das erstmal klimatisch komplett andere Bedingungen. Es ist auch tatsächlich so, sowohl in Australien als auch in Teilen von Amerika gehört der Waldbrand zur natürlichen Erneuerung des Waldes mit dazu. Es gibt einzelne Baumarten, die erst kommen, wenn alles abgebrannt ist. Dann erst habe sie die Chance sich zu entwickeln. Jede Baumart ha ja ihre eigene Strategie, wie sie über Jahrmillionen überleben konnte. Eben diese Baumarten gibt es bei uns nicht, weil der Waldbrand auch nicht zum natürlichen Prozess gehört. Er kann vorkommen ist aber kein normaler Bestandteil der Waldverjüngung.

Fortsetzung folgt…

Zum weiterlesen

In einem früheren gab Herr Robert Nörr bereits einen kleinen Einblick in seine Arbeit als Förster, dazu mehr hier.

Wenn ihr die Natur auch so gerne genießt, findet ihr hier die schönsten Radlwege entlang an Gewässern unserer Umgebung.

Wenn ihr lieber zu Fuß unterwegs seid, findet ihr hier die fünf schönsten Spaziergänge in und um Wolfratshausen.

Alle Hintergründe der Naturschutzkampagne vom Tölzer Land findet ihr hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*
Website