„Einen Garten betritt man nicht mit den Füßen, sondern mit dem Herzen“ – Dietlind Diepen über die Hintergründe des Japanischen Gartens

Seit bald zwei Jahrzehnten verbindet der Japanische Garten das Loisachufer und unsere historische Altstadt miteinander – mittlerweile ist er fester Bestandteil des Stadtbildes. Trotzdem kennen nur wenige die Hintergründe zu seiner Entstehung und so manch einer wird sich fragen: Wie hat es diese fernöstliche Art der Landschaftsgestaltung zu uns nach Oberbayern geschafft? Dankenswerterweise konnten wir Frau Diepen, die 2. Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Iruma – Wolfratshausen e. V., für ein Gespräch gewinnen. Hier plaudert sie mit uns ein wenig aus dem Nähkästchen und klärt über einige Hintergründe des Gartens auf. Viel Spaß!

Wasserpumpe im japanischen Garten

 

Frau Diepen, Sie sind nun schon seit einer Weile im Partnerschaftsverein Iruma – Wolfratshausen tätig und begleiten das Projekt „Japanischer Garten“ seit seiner Geburtsstunde. Wie hat alles angefangen?

Im Jahr 1992 war ich als Stadträtin das erste Mal in unserer Partnerstadt Iruma. Damals war die Situation noch ganz anders als heute. Die Begegnung war sehr steif, förmlich und dadurch auch etwas anstrengend – gleichzeitig aber auch sehr interessant. Beim zweiten Besuch im Jahr 2002 war die Stimmung viel entspannter und der Umgang mit den Akteuren war viel gelassener und warmherziger. Während dieses Besuches kam dann das Thema „Japanischen Garten“ das erste Mal auf. Die Tausendjahrfeier von Wolfratshausen stand an und zu diesem Anlass hatten unsere japanischen Freunde beschlossen der Stadt den Japanischen Garten zu schenken. Ein Jahr nach unserem Besuch wurde der Garten dann hier auf der Fläche am Johannisplatz in die Tat umgesetzt.

Ein wirklich extravagantes Geschenk, das aber gehegt und gepflegt werden muss. Wer kümmert sich um den Garten?

Die Pflege eines Japanischen Gartens ist sehr aufwendig und es braucht sehr spezielles Wissen zur Flora – eine Aufgabe, der nicht jedermann gewachsen ist. Glücklicherweise ist es uns gelungen eine Gruppe von Leuten zu mobilisieren, die auf freiwilliger Basis und aus Freude an der Gartenarbeit den japanischen Garten in Form halten. Diese Gruppe aus rund 12 Leuten hat nun schon seit 15 Jahren Bestand und kümmert sich immer noch gewissenhaft um den Garten.

Von März bis Oktober schneiden wir einmal im Monat die Sträucher und Äste in Bodennähe zurück, säubern den Garten, befreien ihn von Unkraut, und verteilen den Kies immer wieder gleichmäßig auf der Fläche. Was das angeht, haben wir genaue Anleitungen von den Gärtnern aus Japan erhalten. Die Rückschnitte der großen Bäume, wie Ahorn, Linde, Magnolien und Kiefern überlassen wir den Experten aus Japan, die alle 3-5 Jahre mit einer Delegation aus Iruma nach Wolfratshausen kommen. Inzwischen haben wir das Glück, einen Fachmann zu haben, der ursprünglich als Dolmetscher tätig war, selbst aber ein Gartenbauunternehmen führt, das auf japanische Gärten spezialisiert ist. Er ist mittlerweile auch Vereinsmitglied, schneidet die großen Büsche und leitet uns bei komplizierteren Arbeiten an.

Also mangelt es ihnen neben Spaß auch nicht an Expertise im Umgang mit dem Japanischen Garten?

Nein, wir sind in der Hinsicht wirklich gut aufgestellt und haben jedes Mal eine ganz eigene, tolle Atmosphäre. Wir als Gruppe haben große Freude daran, uns immer wieder zutreffen und natürlich an der Gartenarbeit selbst. Man lernt sehr viel dabei. So geben wir uns z. B. größte Mühe die spezielle japanische Art des Zurückschneidens zu beachten. Diese ist mit dem hierzulande gängigen Hausmeisterschnitt kaum zu vergleichen und zeichnet sich dadurch aus, dass die Pflanzen ihr Gesicht behalten. Unsere japanischen Freunde haben uns damals gesagt: „Wir haben euch einen Garten geschenkt und keinen Wald“. Damit meinen sie, dass jeder Baum in seiner eigenen Struktur zur Geltung kommen muss. Ein Japanischer Gärtner braucht dann beispielsweise fast einen Vormittag, um eine Kiefer zu schneiden – Das ist eine Wissenschaft für sich!

Im Vergleich zu den meisten deutschen Gärten haben Japanische Gärten meist eine tiefere Bedeutung. Trifft das auch auf unseren Garten in Wolfratshausen zu?

Ja das tut es. Dazu muss man wissen, dass es viele verschiedene Arten von Japanischen Gärten gibt. In unserem Fall handelt es sich um einen Landschaftsgarten, der die Natur Japans in verkleinertem Maßstab abbildet. Die aufgehäuften Steine am Rand symbolisieren Gebirge und der Kiesboden das Meer. Das Wasser regnet aus den Wolken an den Bergen herunter, fließt über Bäche, die wiederum zu Flüssen werden, herunter und sammelt sich im Meer. Dort verdunstet es wieder und bildet erneut Regenwolken. Dieser ewige Wasserkreislauf steht für die über Generationen währende Freundschaft zwischen Iruma und Wolfratshausen. Sicherlich wissen nur die wenigsten von dieser Bedeutung, denn natürlich dient der Garten v. A. als Erholungs- und als Ruheort. Hier spielen Kinder am Wasser und Leute treffen sich – das ist die wohl wertvollste Bedeutung des Gartens.

Gäbe es etwas, was Sie den Leuten, die den Garten nutzen, gerne sagen würden?

Ja, denn leider wird   unser Garten immer wieder in Mitleidenschaft gezogen. So musste die Außenbepflanzung beispielsweise schon zwei Mal erneuert werden, weil Hunde dort ihr Geschäft verrichten und sie dadurch verwelkt. Manchmal sehe ich auch, wie Kinder beim Spielen Blätter und Äste abreißen oder wie Leute ihren Müll liegen lassen. In solchen Fällen, weisen wir die Besucher natürlich darauf hin und stoßen dabei auf viel Unterstützung, ab und an leider auch auf Unverständnis. Diesen Leuten würde ich gerne sagen: Der japanische Garten ist ein wertvolles Geschenk und eben das möchten wir erhalten. Dazu bitten wir auch die Bürgerinnen und Bürger rücksichtsvoll mit dem Garten umzugehen und sich auch nicht zu scheuen, andere zu einem rücksichtsvollem Verhalten zu motivieren.

Wenn Sie an die letzten knapp 20-jährige Geschichte des Japanischen Gartens in Wolfratshausen zurückdenken, fallen Ihnen Ereignisse ein, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?

Ja, da fällt mir eine ganz bestimmte Sache ein. Der Arbeitsweg eines Arztes, der bis vor kurzem seine Praxis am Obermarkt hatte, führte durch den Japanischen Garten. Er hat den Garten also einmal am Morgen und einmal am Abend durchquert und bei dieser Gelegenheit immer wieder Bilder von ihm gemacht. Eines Tages hat er uns einen sehr netten Brief geschrieben, indem er sich für unser Engagement bedankt. Beigelegt war ein Kalender, bestehend aus den Fotos, die er Tag für Tag auf seinem Arbeitsweg geschossen hat. Er schrieb, dass die ganz eigene Atmosphäre des Japanischen Gartens, ihm etwas für seinen Tag mitgegeben hat, was er wiederum versuchte an seine Patienten weiterzugeben. Genau solche Geschichten motivieren einen natürlich sehr in der Arbeit und machen die Mühen mehr als bezahlt.

Außerdem ist die Freundschaft mit unserer Japanischen Partnerstadt ein besonderes Geschenk. Aus anfangs steifen und förmlichen Treffen ist eine wirklich innige Freundschaft mit den Menschen dort geworden. Herr sato, der Zuständige Angelegenheit der Partnerschaft der Delegation aus Iruma begrüßt mich mittlerweile sogar mit Umarmung. Das wäre bei unserem ersten Treffen noch nicht denkbar gewesen.

Zum Weiterlesen:

Ihr interessiert euch für unser Stadtbild? Dann werft einen Blick auf unseren Blogartikel zur Umgestaltung der Altstadt und der dazugehörigen Bürgerbeteiligung. Hier geht’s zum Blogartikel und hier zu digitalen Ausstellung

In unserer Blogreihe zum Thema #NaturschutzBeginntMitDir klärt unser Förster über Chancen und Probleme des hiesigen Waldes auf. Hier geht es zu ersten Teil der Reihe.

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