Das Kino als Rückzugsort: Cornelia John über ihre Arbeit als Kinobetreiberin

Das Kino in der Bahnhofstraße ist eine kulturelle Institution in Wolfratshausen und sorgt schon seit über drei Generation für ein vielfältiges kulturelles Angebot am Loisachufer. Mit einem steigenden Streaming-Angebot und nach einer pandemisch bedingten Kino-Auszeit scheint es fast so als wäre die Zeit der Lichtspielhäuser abgelaufen. Aber keine Spur von schlechter Stimmung oder gar Verzweiflung bei Cornelia John. Für unseren Blog erzählt die Kinobetreiberin, wie der Arbeitsalltag in einem Kino aussieht, wie er sich während Corona verändert hat und warum es sich immer noch lohnt ins Kino zu gehen.

Bei einem Filmenthusiasten löst der Gedanke an ein eigenes Kino absolute Glücksgefühle aus. Wie sieht das aus, wenn man selbst ein Kino betreibt? Ist der Zauber bereits verflogen oder kann man sich noch für das Kino begeistern?

Ich selbst schaffe es leider immer seltener einen ganzen Film zu sehen. Man stellt sich das immer so vor, als könnten Kinobetreiber jede Vorführung ansehen (lacht) aber tatsächlich gibt es einiges zu tun, während die Gäste die Vorführung genießen. Unter Anderem müssen Getränke eingeräumt werden, es muss dafür gesorgt werden, dass genug Mais für’s Popcorn da ist und mit den Infektionsschutzmaßnahmen kam auch noch dazu, dass Flächen, wie Treppengeländer oder Türklinken regelmäßig desinfiziert und reinigt werden müssen.  Meistens sehe ich nur den Anfang und das Ende des Films, wenn ich die Projektion starte und anhalte. Ein einziges Mal habe ich mir die Zeit genommen und nach einer öffentlichen Vorführung den Film noch einmal ganz alleine gesehen. Ohne Publikum, alleine im Kinosaal hat aber auch etwas gefehlt. Das letzte Mal, dass ich einen Film im Kino sehen konnte war im Zuge der Auszeichnung im Rio Filmpalast.

Meine Kinder haben großen Spaß am Kino aber eher weniger Freude am Kinobetrieb. Sie gehen an einem Freitagabend verständlicher Weise lieber auf eine Party als beim Säubern der der Kinosessel zu helfen (lacht). Außerdem beschweren Sie sich manchmal, dass die falschen Filme laufen. Es laufen bei uns halt nicht alle Marvel-Filme und leider auch nicht der neue „Halloween Kills“ – Solche Filme passen eher weniger in unser Programm.

Frau john mit „Filmtheater Prgramm Prämie“

Ihr Kinoprogramm ist nun Mal nicht ganz so „mainstream“, wie in anderen Kinos. Was ihnen aber erst kürzlich eine Auszeichnung beschert hat, richtig?

Ja, wir waren eins von 79 bayerischen Filmtheatern, die von Bayerns Digitalministerin und Aufsichtsratsvorsitzenden des „FilmFernsehFonds Bayern“ (FFF Bayern), Judith Gerlach, für ihr „hervorragendes Programmangebot“ ausgezeichnet wurden. Dabei wurde besonders viel Wert drauf gelegt, dass das Programm vielseitig und auch mit genügend Filmen abseits der großen Mainstream-Produktionen angereichert ist.

Corona war für die meisten kulturellen Einrichtungen und so auch für das Kino ein herber Schlag. Wie ist es Ihnen während dieser Zeit ergangen?

Wie überall kamen bei uns die Test- und Impfkontrolle, sowie die Desinfektion der Sitzplätze dazu. Außerdem haben wir zeitweise um den Mindestabstand einzuhalten jede zweite Reihe freigehalten, wodurch der Kinosaal natürliche einige Plätze eingebüßt hat.

Allerdings muss ich auch sagen, dass wir viel Unterstützung erhalten haben, mit der wir unter anderem eine neue RLT (raumlufttechnische Anlage) mit Wärmerückgewinnung und einem CO2 Sensor einbauen konnten. Dadurch sparen wir jetzt beim Belüften des Kinosaals mit 100% Frischluft sehr viel Energie ein.

In der Zeit in der wir den Kinobetrieb vollständig einstellen mussten, haben wir außerdem an ausgewählten Tagen Popcorn verkauft. Im Vorhinein hätte ich nie gedacht, dass die Aktion so gut ankommt aber die Leute standen bis um die Ecke an, um zumindest, was Duft und Geschmack angeht, wieder ein Kinoerlebnis zu haben. Eine Dame meinte aber auch: „Wir kommen doch nicht wegen dem Popcorn“, sondern sie freuen sich einfach, uns zu unterstützen und ein wenig zu ratschen. Das war wirklich sehr nett und hat uns wirklich von Herzen gefreut. Da wird einem bewusst, dass die Leute das Kino durchaus zu schätzen wissen und es ihnen auffällt, wenn es fehlt.

Das „Kinosterben“ ist schon länger Thema und wie sie gerade deutlich gemacht haben, hat Corona die Situation nicht gerade verbessert. Warum überhaupt noch ins Kino gehen?

Wo haben Sie sonst noch die Möglichkeit, sich komplett auf einen Film einzulassen ohne abgelenkt zu werden? Ich kenne es ja von mir selbst, wenn ich einen Film im Fernsehen sehe, Da leuchtet das Handy auf, jemand betritt den Raum und braucht etwas oder man holt sich noch etwas zum Essen oder trinken. Bei einem Kinobesuch ist das ganz anders. Da nimmt man sich die Zeit für den Film und lässt den Alltag Alltag sein. Das ist beim Streaming über den Laptop oder gar das Handy undenkbar. Allein wegen der Bildschirmgröße. Dazu kommt natürlich noch, dass der Mensch die Gesellschaft braucht. Es ist ein ganz anderes Filmerlebnis, wenn man in der Gemeinschaft lacht oder allgemein wahrnimmt, wie Mitmenschen auf bestimmte Szenen reagieren. Ich sage gerne: „Wer das Kino mag, soll auch ins Kino gehen!“ (lächelt)

Zum Weiterlesen

Das Wolfratshauser Kino hat schon eine lange Tradition. Bereits die Festivitäten zur Stadterhebung fanden teilweise dort statt. Hier findet ihr den Blogartikel dazu.

Das Programm des Kinos und alle anderen wichtigen Infos findet ihr hier.

Weitere Infos zu Einkaufs-, Freizeit- und Erlebnisangeboten in der Stadt findet ihr auf unserer digitalen Stadtkarte oder auf unserer Tourismus-Website.

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