Traditionell Tanzen für jedermann!

„Das Feuer für den Volkstanz bewahren“: Werner Grimmeiß vom Isartaler Volkstanzkreis erzählt von seinen Kursen, Volkstanzkreisen und der Tradition Tanzen in Bayern.

Sportliche Betätigung, vergnügtes Beisammensein und Brauchtum pflegen in einem: So preist Werner Grimmeiß seine Kurse für alpenländische Volkstänze an, die er regelmäßig im Rahmen seines Isartaler Volkstanzkreises gibt. Passend dazu findet der Anfängerkurs im Vereinsraum einer Taekwondo-Schule im Untergeschoss der Loisachhalle statt, wo zirka 15 Paare, teils in Tracht, zusammenstehen und ratschen oder schonmal zeigen, was sie zur Volksmusik schon alles aufs Parkett legen können.

Der „Chapelloise“ klappte bald schon recht gut! (c) Stadt Wolfratshausen | Karolin Wolf

Werner Grimmeiß, der als Initiator und Tanzlehrer die Schritte beschreibt und zusammen mit seiner Frau demonstriert, erklärt: „Es gibt viele Tausende alpenländische Volkstänze, und jeder hat nochmal Variationen, aber die können wir natürlich nicht alle lernen. Das ist jetzt ein Anfängerkurs, wir fangen also bei den allereinfachsten Sachen an.“ In den Kursen des Isartaler Volkstanzkreises gibt es Repertoire von rund 200 Tänzen zu lernen; allein heute stehen mehr als zehn verschiedene auf dem Programm.

Von Dreher, Kikerikiki und Chapelloise

Angefangen wird bei den Grundtänzen, auf denen alle anderen, mehr oder weniger komplizierten Tänze aufbauen. Das sind zum Beispiel Dreher, Polka oder Walzer. So weit, so bekannt, denkt sich jetzt vielleicht der gemeine Tanzmuffel. Doch dabei bleibt es nicht: „Als nächstes machen wir jetzt das Hiatamadl.“ Das bedeutet, man macht acht Schritte nach vorne, tippt ein Paar Mal mit den Füßen auf, und hängt dann den Dreher hinten dran. Zu vielen Volkstänzen gibt es einen „mal mehr und mal weniger stubenreinen“ Merkspruch – dieser hier ist manchen vielleicht bekannt aus Hubert von Goiserns gleichnamigem Lied von 1992: „Koa Hiatamadl mog I net, hot koane dickn Wadl net. I wui a Diandl aus da Stadt, was dicke Wadln hat“ (Für Zuag’roaste nochmal auf Hochdeutsch: „Ein Hirtenmädchen mag ich nicht, denn es hat keine dicken Waden. Ich will ein Mädchen aus der Stadt, die dicke Waden hat“). Noch ein Stückchen komplizierter (und ein Beispiel für einen weniger „stubenreinen“ Merkspruch) ist dann der „Kikerikiki“: „Ja Madl mogst denn gar net, gar net, kikerikiki? Brauchst ja bloß as Hendl macha, ’s Gickerl mach scho i!“ (eine hochdeutsche Übersetzung wäre hier vermutlich weder dem Witz noch der Kinderfreundlichkeit des Artikels zuträglich).

Und noch etwas steht noch vor der Pause auf dem Programm: Der „Chapelloise“ aus Frankreich, ein sogenannter Wechseltanz – nach Meinung von Werner Grimmeiß „eine sehr segensreiche Einrichtung, denn wenn man immer beim gleichen Partner bleibt, gibt es erfahrungsgemäß irgendwann Streit, aber wenn man an neuen Partner hat, reißt sich jeder wieder a bisserl zam“. Man könnte auch sagen: ein bisschen Abwechslung tut auch mal gut. Hier zeigen erst einmal die geübteren Paare wie’s geht – für etwa die Hälfte der Tänzer ist der Volkstanz nicht ganz neu. Langsam reihen sich dann die mutigeren Neuankömmlinge ein und versuchen, immer mit Beistand von Tanzlehrer Grimmeiß und seiner Frau, sich nicht in Tanzrichtung, Drehungen, Partner- und Richtungswechseln zu verzetteln. Bald schon läuft es recht flüssig und schwungvoll und man kann sich gut vorstellen, wie stimmungsvoll es bei den Volkstanz-Veranstaltungen zugehen muss. Davon gibt es viele im Oberland, denn dort können sich Volkstanzbegeisterte treffen, tanzen, reden und einfach gemütlich beisammen sein.

So funktionieren Volkstanzkreise

Volkstanz ist immer primär zum Vergnügen da – „Anwenden“ kann man das Gelernte zum Beispiel auf den vielen Veranstaltungen der Tanzkreise rund um München. Man arbeitet aber auf keine große Vorführung hin, immerhin heißt das nicht umsonst Volkstanz: „Jedermann kann sich beteiligen, man braucht keinerlei Vorwissen oder spezielle Kleidung. Aber Dirndl und Lederhosen sind natürlich nicht verboten“. Und tatsächlich: viele der Teilnehmer freuen sich offenbar über die Gelegenheit, malwieder ein schön schwingendes Dirndl oder fesche Trachtenjanker auszuführen.

Volkstanzkreise sind, im Unterschied zu beispielsweise Trachtenvereinen, nicht zentral organisiert, da kämpft jeder für sich alleine. Im Umkreis von München, schätzt Werner Grimmeiß, gibt es vielleicht 15 bis 20 solche Tanzkreise. Um die zusammenzuführen, haben engagierte Volkstänzer eine überörtliche Organisation mit Namen „Arbeitskreis Zukunft Volkstanz“ gegründet.  Allein sein Isartaler Verein zählt rund 100 Mitglieder, aber „die Grenzen sind da fließend“: Nicht alle der rund 35 heute anwesenden sind Mitglieder, und nicht alle Mitglieder Tanzen immer mit. Insgesamt ist Werner Grimmeiß mit der Mitgliederzahl nicht unzufrieden, aber „es würde natürlich auch nicht schaden wenn wir mehr wären. Außerdem leiden wir wie viele andere Vereine unter dem Problem der Überalterung“. Die meisten Leute kämen erst, wenn sie im Ruhestand seien und mehr Zeit hätten.

Tradition Tanzen in Bayern

Es gibt tausende Tänze unter der Überschrift „Alpenländischer Volkstanz“, also Tänze die hier getanzt werden. Das heißt aber nicht unbedingt, dass sie auch von hier stammen – wie beim französichen Beispiel oben zu sehen ist, kommen sie aus ganz Europa. Inhaltlich geht es oft um das Leben auf dem Land, Liebe und Feierlichkeiten – Themen eben, die das ganze Volk betreffen betreffen. Einige kommen auch aus der höfischen Tradition und bestehen aus dem, was sich das Volk vom Adel abgeschaut und nachgemacht hat. Nur Aufgeschrieben wurde sowas natürlich nie.

„Das Tanzen ist enorm wichtig fürs Brauchtum, weil das alles „mündlich“ überlieferte, teilweise Jahrhunderte alte Tänze sind.“ Inzwischen gibt es natürlich schon Literatur. „Ein ganz bekannter Name war da zum Beispiel der Kaufmann Schorsch. Der musste aber auch in der Gegend herumfahren, schauen, was die Leute tanzen, und es beschreiben. Das kommt also auch alles von mündlichen Überlieferungen, die in Tanzkreisen wie diesem erhalten wurden.“ Und es wird auch nicht nur althergebrachtes getanzt: „Es werden immer wieder neue Volkstänze erfunden. Hier ganz in der Nähe, in Geretsried,  wohnt Frau Heinrichsen. In unseren Kreisen gilt sie als die „Volkstanzpäpstin“ von Oberbayern. Sie hat sehr viele Volkstänze gesammelt und auch knapp 50 Tänze neu erfunden.“ Sie lehrt auch kompliziertere und historische Tänze.

Volkstanz ist also keineswegs nur historische Spielerei: Die Tradition wird gelebt, ganz nach dem Motto der Volkstänzer: „Nicht die Asche konservieren, sondern das Feuer bewahren“.

Wer mehr erfahren will, kann die Website des Isartaler Volkstanzkreises www.isartaler-volkstanzkreis.de besuchen  oder www.boarisch-tanzen.de, dem Internetauftritt des überregionalen Verbunds der Tanzkreise, einen Besuch abstatten.

Karolin Wolf

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